Klassische Homöopathie, Geburtsvorbereitung

Fälle aus meiner Praxis

Lisa, geboren 5. Dezember 1981

Diagnose: Opticusneuritis (Entzündung der Sehnerven), Verdacht auf Multiple Sklerose

Als erstes eine kurze Zusammenfassung der Familiengeschichte von Lisa
Familienanamnese:

Mutter: „blaues“ Baby, musste beatmet werden, wurde gegen alles geimpft, auch gegen Pocken. Diese Impfung ist nicht angegangen. Als Folge traten massive Krämpfe mit Atemnot auf, die bis zum3.Lebensjahr anhielten. Daraufhin durfte sie gegen Pocken nicht mehr geimpft werden.
Sie hatte alle Kinderkrankheiten, (Scharlach mit verzögertem Hautausschlag) und rezidivierende Tonsilleneiterung.
Sie leidet unter rechtsseitiger Migräne (mit extremer Geräuschempfindlichkeit), niedrigem Blutdruck, 1995 wurde die Gallenblase entfernt, und sie hat einen starken Astigmatismus.

Großmutter mtls. : als Kind rezidivierende Bronchitis, später wurde eine Narbe auf der Lunge entdeckt, Gallenblasen- OP, Talgabszess am Rücken (auf Höhe der Lunge), Kindbettfieber bei der Geburt von Melanies Mutter, im Alter Depressionen.

Großvater mtls. : Diabetes, Herzrhythmusstörungen, Hautallergien

Mutter der Großmutter mtls. : Tuberkulose

Tante mtls. : Tuberkel in der Lunge

Cousine: Hirnsklerose, Epilepsie

Cousine: Fistelgänge in den Ohren

Vater: als Baby „Pilz“ auf der Lunge, alle Kinderkrankheiten, Bandscheibenprobleme, kurzsichtig

Großmutter vtls. : Magengeschwür, Oberschenkelhalsbruch, danach akute psychische Probleme

Großvater vtls. : als Kind Diphtherie, anfällig für Lungenaffekte, Parkinson, Herzinfarkt, kurzsichtig, Staroperation

Mutter der Großmutter vtls. : Multiple Sklerose

Vater des Großvaters vtls. : an Lungenkrebs gestorben

Schwangerschaft und Geburt:

Die Mutter hatte bis zum 4.Monat massive Übelkeit und Erbrechen, 14 Tage vor dem
Geburtstermin leichter Riss in der Fruchtblase, Geburt jedoch erst 3 Tage nach dem Termin. Die Geburt verlief angeblich normal. (Lisa hatte jedoch eine sehr flache Stirn und einen Schlüsselbeinbruch rechts, was für ein Steckenbleiben im Geburtskanal spricht. Ebenso ihre Platzangst in engen Räumen. Außerdem hat sie Berührungsängste am Hals und eine massive Schlangenphobie mit Panikattacken, die mich an eine Nabelschnurstrangulierung denken lassen.)

Aus dem Fragebogen:

Die motorische Entwicklung verlief normal. Lisa ist gekrabbelt.
Jedoch machte ihr die Zahnung massive Probleme. Obwohl die Anlagen schon früh sichtbar waren, bekam sie erst mit 13 Monaten die ersten Zähne. (Hinweis auf Entwicklungsstörung)

Zwischen dem 4. und 10. Lebensjahr hatte sie immer wieder Blasenentzündungen mit Blut und Eiter im Urin. An Kinderkrankheiten hatte sie nur zweimal Scharlach, der erste jedoch ohne Hautausschlag, die beide mit Antibiotika behandelt wurden. Lisa wurde bis auf Keuchhusten gegen alles geimpft und hatte damit „keine Probleme“. Sie war ansonsten immer gesund.
Lisa friert sehr leicht und hat immer kalte Hände und Füße, und trägt immer mehrere Pullover übereinander. Sie gibt an, dass sie sehr gern Rollkragen und Halstücher trägt. Gleichzeitig ist sie am Hals sehr berührungsempfindlich. (Als ich sie daraufhin ansprach, erklärte sie, dass sie diese Tücher als Schutz bräuchte, damit sie von anderen nicht angefasst werden könnte. Sie wollte schon immer nicht angesehen oder angefasst werden, besonders von Fremden.)

Lisa mag kein nasskaltes Wetter und liebt die Wärme der Sonne. Auf meine Frage, ob sie Gewitter lieben würde, blitzen Ihre dunklen Augen auf und sie bestätigt, dass sie noch nie Angst vor Gewittern hatte und sie die fühlbare Spannung so lieben würde.

Am Meer fühlt sie sich am wohlsten und liebt das Salz und die Weite.
Trotz ihres ständigen Kältegefühls braucht sie immer frische Luft und schläft auch im Winter mit offenem Fenster. Sie kann enge und geschlossene Räume nicht ertragen.

Sie hat Verlangen nach warmen und salzigen Dingen und eine ausgeprägte Vorliebe für Brot. Fette Speisen, Fleisch, Wurst und Essig lehnt sie ab. Sie hat großes Verlangen nach alkoholischen Getränken und Nikotin, obwohl sie nach Bier und Zigaretten immer Durchfall bekommt und bei Schnaps o.ä. Schwindel, Übelkeit und Erbrechen die Folge sind.

Als Kleinkind hatte sie Milchschorf, seit kurzem Schuppen am Scheitel, weiß und juckend.
Sie leidet unter Heuschnupfen, der von Niesanfällen und Tränenfluss begleitet wird. Auch bei normalem Schnupfen ist das Sekret so scharf, dass an den Nasenrändern Bläschen entstehen, die blutig verschorfen.

Lisa ist stark kurzsichtig (5,75) und hat Astigmatismus.
Meist hat sie Rhagaden in den Mundwinkeln. Als Kind hatte sie oft rote „doppelte“ Schlecklippen. Sie hat trockene, raue Haut besonders rund um den Mund.

Lisa hatte lange Zeit noch Problem mit der Zahnung. Sie hatte noch immer einige Milchzähne, teilweise wurden sie gerissen. Ein zweiter Schneidezahn lag quer und musste operativ richtig gestellt werden(1996).Sie trug 5 Jahre lang Zahnspangen. Da sie diese nachts immer ausgespuckt hat, wurde ihr eine feste Zahnspange montiert. Sie hat gezähnelte Zahnschneiden.

Sie hat eine Hüftgelenksdysplasie, Skoliose, Hängeschultern und ein leicht verkürztes rechtes Bein. Sie verstaucht sich häufig das rechte Fußgelenk.

Lisa war schon im Säuglingsalter sehr auf ihre Familie fixiert und wollte nicht von Fremden berührt und angesehen werden. Sie ist ein sehr umgängliches Kind, eine sehr gute Schülerin, verständig, gewissenhaft, zuverlässig und nur selten zornig oder trotzig. Sie hat Platzangst in engen, geschlossenen Räumen und massive Ängste vor Schlangen (wie ihre Mutter). Sie träumt von Schlangen im Haus und erwacht mit Panik.

Anamnesegespräch am 16.Oktober 1998

Da ich wusste, dass der Erkrankung ein schwerwiegendes Problem in der Familie vorausging, habe ich unser Gespräch nicht mit dem möglichen Auslöser begonnen, sondern habe erst mit Lisa und ihrer Mutter den Fragebogen besprochen.
Ich habe beide daraufhin gewiesen, dass die feste Zahnspange problematisch ist und durch die erzeugte Spannung einen massiven Eingriff darstellt. Ich habe sie im Hinblick auf das massive neurologische Geschehen gebeten, die Spange entfernen zu lassen. Ebenso sollten die Kopfschuppen nicht mehr mit einer Spezialwaschlotion bekämpft werden, da sie als Entlastungsgeschehen (Ventil) der Kopfspannung zu bewerten sind.

Anschließend schilderte Lisa den Ablauf ihrer Erkrankung.
Mitte August 1998 bekam sie oberhalb des rechten Auges starke Kopfschmerzen, die von der Augenbraue zur Schläfe ausstrahlten. Schlieren und Flecke trübten das Auge zunehmend ein. Jede Bewegung der Augen schmerzte. Nach drei Tagen konnte sie mit dem rechten Auge nur noch Konturen wahrnehmen, ansonsten war alles dunkel und verschwommen. Nach weiteren drei Tagen wurde das Gesichtsfeld von unten her heller. Sie schilderte dies wie einen halbgeöffneten Rollo mit Weichzeichner-Filter davor.
Da sie nicht gerne zum Arzt geht, war Lisa bei einer benachbarten Heilpraktikerin, die ihr Pulsatilla C30 und C200 gab. Kurz darauf wieder totaler Sehverlust (98%) auf dem rechten Auge, der bis jetzt unverändert geblieben ist. Alles ist dunkel, verschwommen, besonders in der Mitte - an den Rändern ist etwas heller grau.
Am 30.September entwickelte sich auf der linken Seite, wieder beginnend mit Kopfschmerzen über dem Auge, dasselbe Krankheitsbild. Diesmal verlor Lisa innerhalb eines Tages zu 100% ihre Sehfähigkeit. Sie kam diesmal sofort in die Augenklinik, wo eine Opticusneuritis festgestellt wurde.

Die Ärzte in der Augenklinik wollten sofort mit der Höchstdosis Cortison beginnen, da jedoch Verdacht auf MS bestand, wurde Lisa in die Neurologie des Klinikums Großhadern verlegt. Dort wurde sie mit Cortison, jedoch in einer niedrigeren Dosierung behandelt. Mit keiner der Untersuchungen, die an ihr durchgeführt wurden (Kernspin, Rückenmarkspunktion u.a.) konnte der Verdacht auf MS bestätigt werden.
Sie zeigte deutliche Reaktionen auf das Cortison: nächtliches Herzklopfen, Müdigkeit, Gereiztheit, vorzeitiges Einsetzen der Mensis und viele real wirkende Träume.
Bei zwei Nachuntersuchungen (eine davon außerhalb der Klinik bei einem bekannten Augenspezialisten) wurde ein bleibender Verlust der Sehfähigkeit des rechten Auges (98%), aufgrund der Nervenschädigung festgestellt, die von den Ärzten als Folge der Nichtbehandlung mit Cortison gewertet wurde. Am linken Auge wurde ein Sehverlust von 40% mit der Aussicht auf mögliche Besserung festgestellt. Die Behandlung mit Cortison wurde zu der Zeit eingestellt

Da im Fragebogen weder auf einen möglichen Auslöser noch auf das Thema Kummer eingegangen wurde, stellte ich von mir aus diese beiden Fragen.
Lisa führte die langjährigen Streitigkeiten ihrer Eltern mit den Großeltern als ihren größten Kummer an, der vor zwei Jahren mit der räumlichen Trennung der Eltern seinen Höhepunkt fand. Die Mutter ist zu einer Bekannten gezogen, bei der sie übernachtet und mit der sie die Urlaube verbringt. Tagsüber ist sie im Haus der Familie, versorgt den Haushalt und Melanies kleinere Schwester. Angeblich machte Lisa diese belastende Trennungssituation nichts aus, obwohl sie ein sehr gutes Verhältnis zu ihrer Mutter hat. Sie versuchte mich davon zu überzeugen, dass sie dadurch unabhängiger und freier sei. Kurz vor dem ersten Auftreten der Symptome jedoch hatte sie ein Erlebnis mit einer Nachbarin, die sie unter anderem für den Tod eines Kaninchens verantwortlich machte und mit Polizei, Tierschutzverein und Jugendamt drohte. Lisa war in diesem Moment allein auf sich gestellt und dieser Situation nicht gewachsen. Sie hatte einen Zusammenbruch mit Weinkrämpfen und konnte anschließend nur schwer beruhigt werden.
Lisa machte während unseres Gesprächs auf mich einen zu ruhigen und abgeklärten Eindruck. Dieses junge Mädchen, das auf einem Auge blind ist, auf dem anderen Auge auch nur sehr eingeschränkt sehen kann und dem keine Besserung ihrer Situation in Aussicht gestellt wurde, zeigte fast keine emotionale Regung. Schon im Krankenhaus hatte Lisa ihre Familie getröstet, sie selber konnte nicht weinen.

Nach ersten Vorüberlegungen deuteten viele Symptome auf die Mittel Natrium muriaticum und auch Phosphorus hin. Nach der genaueren Repertorisation
hat sich Natrium muriaticum herauskristallisiert, das ich Lisa in der LM 18 verschrieben habe. Anfangs Montag und Freitag, 3 Tropfen auf ein Glas Wasser, 1 Schluck.
Am 26.Oktober begann Lisa mit der Einnahme. In der Woche vorher hatte sie wieder die Schule besucht. Da sie jedoch starke Kopfschmerzen vor Anstrengung bekommen hatte, musste sie täglich schon früher nach hause gehen.

Erste Rückmeldung am 11.November 1998

Die Kopfschmerzen während der Schulzeit werden immer weniger und Lisa hat den Eindruck, dass das linke Auge zunehmend besser wird. Sie kann mit dem linken Auge jetzt fast ohne Anstrengung lesen. Auch das rechte Auge, das eigentlich irreparabel geschädigt ist, verändert sich. Alles wird heller und ist weniger trüb. In bekannten Räumen kann sie Konturen erkennen und sich zurechtfinden.
Weitere Reaktionen waren: ihre ansonsten trockene Haut wurde im Gesicht, im Ausschnitt und am Rücken fettig und bekam kleine Pickelchen; die Augenschleimhaut wurde empfindlicher beim Tragen der Kontaktlinsen; ihre Füße schlafen ab und zu ein (taubes Gefühl), besonders beim Überschlagen der Beine, das oben liegende Bein; aus der Nase durchsichtige Absonderung (ohne Schnupfen), welche die Nase wund gemacht hat.
Lisa sollte Natrium muriaticum weiter einnehmen, jetzt dreimal die Woche auf eine reduzierte Wassermenge. Ich habe um regelmäßige Rücksprache gebeten, bzw. um sofortigen Rückruf bei Schwierigkeiten.

Für die weitere Behandlung erscheinen mir sowohl Phosphor (z.B. aufgrund der Nervenentzündung, insbesondere des Augennervs, der Auswirkungen auf das Sehvermögen Lisa, der Cortisonbehandlung) als auch Silicea (z.B. wegen der extrem verlangsamten Zahnung, dem ständigen Frieren, der Skoliose und Hüftdysplasie, als Impffolgemittel, speziell die Krämpfe der Mutter nach der Pockenimpfung) für wichtig und wahrscheinlich.

Lisas Zustand verbesserte sich in den darauf folgenden Wochen ständig. Die Sehfähigkeit beider Augen erhöhte sich, das linke Auge erreichte nach kürzester Zeit 90 % und auch das rechte Auge, das eine sehr schlechte Prognose hatte konnte sich bis auf über 60% der Sehfähigkeit erholen. In der Behandlung folgte nochmals Natrium muriaticum diesmal LM30, und anschließend in der Doppelgabe C30/ C200.

Lisa konnte unbehindert Ihre Schulzeit beenden und im Jahr 2000 das Abitur schreiben. Sie war in der Lage den Führerschein zu machen, was ihr sehr wichtig war, und ist von Daheim ausgezogen um in Erlangen für das Lehramt an Grundschulen zu studieren.

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